Pitstop

Das neue Chassis JL ThunderJet 500 von Playing Mantis unter der Lupe

Nachdem ich das Bestaunen des Retro-Cases überwunden hatte, fielen mir gleich zwei Dinge auf: Die Karosserie ( Ford Fairlane 'Police' ) machte - von vorn betrachtet - einen schief montierten Eindruck. Zugegeben - nach dem, was bisher darüber zu lesen war, ging ich schon mit Vorurteilen an diese lang erwartete Neuheit. Der Verpackung entnommen und auf die Bahn gestellt, war dies denn auch weit weniger dramatisch. Das Zweite war ein zusätzlich beigefügter Leitstift. Aha, etwa ein längerer gleich dabei? Leider nicht, denn der ist genauso kurz wie der am Fahrzeug montierte (knapp einen Millimeter kürzer als die Aurora-Originale).

Die höhere Kraft der Schleiferfedern ist gleich beim Aufsetzen auf die Fahrbahn spürbar, hat aber sicher ihre Vorzüge, wenn vorn schwere Messingfelgen montiert werden. So habe ich mir einen sofortigen Fahrtest gar nicht erst angetan und das Modell zunächst zerlegt. Das Material des tiefschwarzen Chassis hat Ähnlichkeit mit Delrin, einem recht stabilen, aber auch spröden Kunststoff mit ungünstigen Memory-Eigenschaften. Jetzt wurde auch offenkundig, warum die Karosserie vorn etwas schief saß: durch unsachgemäßes Vorgehen bei der Montage ist im Bereich der Leitstift-/Schraubenaufnahme Verzug entstanden. Der Eindruck des "huschdi-fuschdi zusammengeschustert" setzt sich fort: Die Bleche, an denen die Schleifer eingehängt werden, weisen von der Stanzung eine deutliche Wölbung auf. Da auf beiden Seiten die gleichen Bleche verwendet werden, ist das Ganze zwangsläufig asymetrisch. Zudem ist das linke Blech so unsachgemäß vernietet, daß das Chassis quer zur Fahrtrichtung eine Wölbung aufweist und in der Draufsicht in diesem Bereich konkav verformt ist.

Das Kronrad hat auch an der Zahnseite eine Nabe. Die verhindert, daß bei der Montage die Zähne beschädigt werden. Daß es nicht 100 % gerade auf der Achse sitzt, kann getrost den Eigenschaften von Delrin zugeschrieben werden. Das Achsspiel liegt im üblichen Rahmen.

Zur Getriebeplatte: Sie weist eine leichte Wölbung auf, die sich auch durch biegen nicht dauerhaft beseitigen läßt. Der Anker macht einen sehr ordentlichen Eindruck. Die Wicklungen haben 15,0 bis 15,1 Ohm. Die Kollektorflächen, die - wie alle stromführenden Teile - silberglänzend ausgeführt sind, sollten auf Grate an den Zwischenräumen untersucht werden. Viel zu groß ist jedoch das Lagerspiel. Vermutlich sind deswegen die Stützstege angegossen? Bis auf das Motorritzel bestehen alle Zahnräder aus Kunststoff und laufen zentrisch - mit Ausnahme des 'lower drive gear'. Das ist völlig schief aufgepreßt und die Verbindungsachse ist so "zerdetscht", daß nach evtl. Demontage weder Achse noch Zahnräder wiederverwenbar sein werden. Ein Kunststoffrest, der beim Aufpressen entstanden sein muß, konnte mit dem Bastelmesser entfernt werden.

Einzig die Magnete weisen ein absolut professionelles Finish auf. Die Kohlen sind bekannt aus den Specialty non-MT Chassis.

Für den Fahrtest alle Lager geschmiert - vor allem die Motorlager! An den Kunststoffzahnrädern habe ich Teflon-Fett verwendet, wobei es nicht schadet, wenn davon etwas auf das zentrale Zahnrad gerät. Durch die abgerundeten Zähne am 'upper drive gear' neigt es dazu, nach oben an den Clip zu laufen. Beim Zusammenbau habe ich gleich einen neuen Leitstift spendiert. Hier bleibt übrigens ausreichend Abstand zwischen Schraubenkopf und Fahrbahn.

Zunächst habe ich das Chassis mit ca. 6 V Batteriestrom einlaufen lassen. Der anfänglich pulsierende Lauf - wahrscheinlich durch das schiefe 'lower drive gear' hervorgerufen - gab sich nach ca. einer Minute weitestgehend. Nach weiteren etwa zwei bis drei Minuten nahm auch die Drehzahl merklich zu.

Um so erstaunlicher: All die Mängel scheinen die Fahrleistungen kaum zu beeinträchtigen. Zum Vergleich wurden Ford Fairlane Stock Car  (u.a. mit Super II Magneten), der allerdings nicht zu meinen schnellsten T-Jets zählt und BMW V8  auf MM Thunder Plus mit schmaler Silikon-Bereifung herangezogen. Der neue JL sprang nicht öfter aus dem Schlitz als das Stock Car. Das "new Tuff Ones" wirkt etwas träger im Anzug, was aber ein subjektives Urteil ist, weil es mehr Strom zieht. Deswegen wäre ein Regler mit 30-40 Ohm besser geeignet, für das Vergleichsfahrzeug sind 60 Ohm die richtige Wahl. Im Bremsverhalten konnte ich kaum Unterschiede feststellen. Durch Kurven geht das neue Chassis deutlich zügiger, was eindeutig den Hinterreifen und dem unabhängigen Lauf der Vorderräder zugeschrieben werden kann. Der BMW neigt dagegen (ausstattungsbedingt) eher zum Kippen, braucht etwas mehr Schwung um auf Tempo zu kommen, schlägt sich dann aber wacker im Vergleich zu den Konkurrenten - ist also nicht langsam - bremst aber deutlich schlechter.

Das Einzige, was an dem "new Tuff Ones" stört, ist ein Geräusch, daß auf stärkere Vibrationen schließen läßt. Ich konnte noch nicht endgültig feststellen, ob es vom schiefen 'lower drive gear' oder schlagenden Anker herrührt, tippe aber auf Letzteres. Das würde die Brauchbarkeit dann auf Dauer jedoch einschränken. In die Chassiswanne werde ich eine Messingbuchse einpressen. Zustand von Achse/Ritzel machen aber nicht den Eindruck, daß sie De- und Wiedermontage für den Einbau eines Lagers in die Getriebeplatte überstehen.

Unter dem Strich: Die JL ThunderJet 500 Autos von Playing Mantis sind preisgünstig, denn Body und Aurora Chassis kosten ein bis drei Euro mehr und verfügen nur über Standardräder und -magnete - aber nicht preiswerter, weil sie den konsequenten Austausch von Teilen erfordern. Die Performanceunterschiede der Aurora T-Jet Chassis sind hinlänglich bekannt, aber wenigstens sind die Einzelteile vor drei Jahrzehnten i.d.R. präzise gefertigt und montiert worden. 'H0 Scale Racer / Adult Collectible' - was immer der Sinn hinter dieser Beschriftung im Case sein soll - ich finde, diese Autos müssen gefahren werden können.

Was bringt die Replique eines Chassis, die - mit den heutigen Möglichkeiten (!) - schlechter ausfällt als ihr Vorbild? Den Sammelwert der Autos dürfte sie kaum steigern, denn bei den Karosserien handelt es sich "nur" um weitere Farbvarianten. 31.5.2002 JoSta.Ltd

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Weitere Artikel (engl.) dazu:

22.5.2002 Johnny Lightning - Review
23.5.2002 Lightning Strikes!
12.2.2003 Erfreuliche Entwicklung

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